Ponte civitatis Verdensis
23.12.2020
Teil IV - „Ponte civitatis Verdensis“ – Verdener Brücken im Wandel der Zeit
Nach ihrer ersten urkundlichen Erwähnung 1220 hatte die Südbrücke eine bewegte Geschichte vor sich.
So wurde die Holzbrücke hauptsächlich durch Eisgang und Hochwasser, aber auch durch kriegerische Ereignisse schwer beschädigt und mehrfach gar komplett zerstört. 1627 etwa bei der Eroberung Verdens im Dreißigjährigen Krieg durch den Feldherrn Tilly oder 1813 als französische Truppen auf dem Rückzug aus den Napoleonischen Kriegen diese mit Teer übergossen und niederbrannten.
Aus Geldmangel dauerte es oft lange Zeit, bis neue Brücken gebaut wurden, bis dahin behalf man sich mit Notbrücken oder Fähren.
Erst im Jahr 1889 wurde die Holzkonstruktion durch eine Steinbrücke ersetzt, deren eiserner Oberbau die Aller in zwei Bögen überspannte.
Mit der in den 1920er Jahren verstärkt einsetzenden Motorisierung wurde eine zweite Allerbrücke notwendig.
Die Planungen hierfür begannen 1928 – 5 Jahre später, am 6. August 1933 wurde die Nordbrücke stillschweigend in Betrieb genommen. Dabei war die neue Brücke für die damalige Zeit ein besonderes Bauwerk, war es doch die erste Schweißbrücke aus hochwertigem Baustahl, deren Erstellung von der Fachwelt aufmerksam beobachtet worden ist.
Nord- und Südbrücke und auch die Eisenbahnbrücke wurden zum Ende des Zweiten Weltkrieges am 13. April 1945 von deutschen Truppen gesprengt. Durch die Wucht der Sprengung erlitten nicht nur beinahe sämtliche Häuser der Altstadt und die Kirchen Glas- und Gebäudeschäden, die Stadt war gar einige Tage ohne Gas, da auch der Gasbehälter der Stadtwerke enormen Schaden genommen hatte.
Eine englische Pionierbrücke ersetzte die Südbrücke bis zum Neubau, der am 4. Dezember 1961 dem Verkehr übergeben wurde. Im September 2010 schließlich wurde die heutige Südbrücke fertiggestellt.
Auch die Nordbrücke erhielt als Ersatz eine behelfsmäßige Holzkonstruktion bis die heutige Nordbrücke im September 1952 eingeweiht wurde.
Der „Brückenschlag über die Aller“, ein Radweg entlang der Bahnstrecke Hannover-Bremen, die seit dem 2. Oktober 2019 die Stadt Verden mit der Ortschaft Wahnebergen verbindet, ist nun das letzte Kapitel in Verdens Brückengeschichte – vorerst.
[KH]
16.12.2020
Teil III - „Ponte civitatis Verdensis“ – Verden zur Zeit von Bischof Iso
Im Mittelalter war Verden eine Stadt mit wenigen tausend Einwohnern. Die Verdener Wirtschaft war dominiert vom Handwerk und das soziale Leben von den Dienstmannen des Bischofs sowie den Angehörigen des Domkapitels. Sie entstammten zum Großteil dem niederen Adel der Umgebung. Obwohl das überregionale Straßennetz direkt an Verden vorbeiführte, war die Stadt nur bedingt am damaligen Fernhandel beteiligt. Als Hauptgrund dafür werden die häufig auftretenden Sandverwehungen von den umliegenden Dünen vermutet.
Die Bischöfe des frühen Mittelalters trugen in ihrer Funktion als „Stadtherr“ meist nur wenig zur Stadtentwicklung bei. Erst Bischof Iso von Wölpe setzte wichtige Maßnahmen für Verden um.
Neben der Gründung von St. Andreas, dessen Kirche und Gemeinde bis heute existieren, war vor allem die Umfriedung der Norderstadt zentral. Damit wurden beide Siedlungskerne – die Süder- und die Norderstadt – von einem gemeinsamen Stadtwall umgeben und gesichert, welches für die Privilegierung mit Stadtrechten im Jahr 1259 eine entscheidende Voraussetzung war.
[WH]
Erfahren Sie hier mehr zur Biographie von Bischof Iso von Wölpe.
09.12.2020
Teil II - „Ponte civitatis Verdensis“ – Die Urkunde von Bischof Iso von Wölpe
Die Urkunde, in der erstmals die Südbrücke der Stadt Verden schriftlich erwähnt wird, ist eine „klassische“ Urkunde des Mittelalters. Sie besteht aus Pergament, d.h. gegerbter Tierhaut, die mit schwarzer Tinte beschrieben wurde. Bischof Iso hat diese Urkunde nicht mit eigener Hand geschrieben, vielmehr wurden Bischofsurkunden von „Schreibkräften“ aus der bischöflichen Kanzlei angefertigt. Der formale Aufbau und die Ausstellung einer Urkunde folgten dabei strengen Vorgaben, die sich bereits im 13. Jahrhundert an alten Traditionen orientierten. Damit wurde unter anderem Rechtssicherheit gewährleistet, da der formale Aufbau eine Art Garantie für die „Wahrheit“ des Inhalts bedeutete.
Wichtige Bestandteile mittelalterlicher Urkunden – egal ob vom Kaiser, Fürsten oder Bischof ausgestellt – waren die „Invocatio“ (Anrufung Gottes), die „Inscriptio“ (Adressatennennung), die „Arenga“ (allgemeine Begründung für den Rechtsakt), die „Dispositio“ (Zusammenfassung des Rechtsinhalts), die „Sanctio“ (Sicherung des Rechtsgeschäftes durch Androhung von Strafen) und die „Korroboratio“ (Ankündigung der Beglaubigungsmittel).
Beglaubigt wurden die Urkunden mit einer eigenhändigen Unterschrift des Ausstellers und mit seinem Siegel. Auch Bischof Iso hat sein Siegel an die „Brücken-Urkunde“ angehängt und so dem Rechtsgeschäft zur Errichtung des Kanonikerstiftes St. Andreas Gültigkeit verliehen.
Am Schluss der „Brücken“- Urkunde sind zudem die Zeugen genannt, die zusätzlich für die Gültigkeit des Rechtsgeschäftes einstehen. Genannt sind hier vorwiegend Mitglieder aus dem Verdener Domkapitel.
[WH]
Machen Sie sich selbst einen Eindruck von der damaligen Urkunde – einem bedeutenden Schriftstück der Verdener Stadtgeschichte! Lesen Sie hier den lateinischen Originaltext.
Lesen Sie hier das Regest zur „Brücken-Urkunde“!
02.12.2020
Teil I - „Ponte civitatis Verdensis“ – erste Erwähnung vor 800 Jahren
Im Mai 1220 siegelt Bischof Iso von Wölpe eine Urkunde, in der erstmals die Südbrücke der Stadt Verden schriftlich erwähnt wird. Neben archäologischen Funden ist diese Urkunde der früheste, erhaltene Beweis für die Existenz einer Allerbrücke in der Stadt.
Obwohl die Brücke bereits zur Zeit Kaiser Karls des Großen (747-814) eine wichtige, militärisch-strategische Funktion bei der Verteidigung der Verdener Furt wahrnahm, findet sie ihre Erwähnung erst in der Urkunde mit der Bischof Iso das Kanonikerstift St. Andreas gründet.
Insgesamt 12 Kanoniker waren in diesem Stift fortan vor allem für die Seelsorge in Verden zuständig. Um den Lebensunterhalt der Geistlichen zu sichern, benötigte das Stift eine wirtschaftliche Grundlage. Zu diesem Zweck übertrug Bischof Iso dem Stift unter anderem ertragreichen Landbesitz, Beteiligungen an der Lüneburger Saline, verschiedene Zinsrechte und auch die Einnahmen aus dem Zoll der Verdener Stadtbrücke – der heutigen Südbrücke.
[WH]
Besuchen Sie hier die heutige Kirchengemeinde von St. Andreas und erfahren Sie mehr über ihre 800jährige Geschichte.